INTERWOVEN N°2
Im zweiten Teil der Arbeit wollte ich den Begriff der Hautfarbe kritisch betrachten, da sie die Menschen über Jahrhunderte getrennt hat. Ich lud also zwei FreundInnen mit sehr unterschiedlicher Hautfarbe ein, eine begehbare Fläche zu bauen. Diesmal stand ich hinter der Kamera und dokumentierte ihre Bewegungen und Positionen.
Ich zeigte ihnen den 'Alternating Half Hitch' – Knoten, den ich auch schon im 1. Teil verwendet habe und bat sie, ihrer Hautfarbe angepasste Kleidung anzuziehen. Den Rest des Prozesses ließ ich offen. Im Anschluss gaben sie mir Feedback.
Jyoti meinte: „Es war anstrengend, sich in der Installation zu bewegen, aber ich habe dazwischen angenehme Ruheposen finden können.“
Beide waren der Meinung, dass es sich 'ausgeglichener' anfühlte, wenn sie zu zweit im Konstrukt waren, da das Gewicht gleichmäßig verteilt war.
Auch Lisa beschrieb eine ambivalente Erfahrung: "Einige Bilder strahlen für mich eine Leichtigkeit aus, die ich aber in dem Moment der Aufnahme nicht spürte, da ich so stark mit der Schwerkraft konfrontiert war."
Weiters empfand sie es als schwierig, der Belastbarkeit der Installation und der eigenen Körperkraft zu vertrauen. Für Lisa strahlen die Fotos etwas natürliches aus, obwohl sich die Körperposition in manchen Momenten alles andere als natürlich anfühlte für sie.
Anhand dieser diversen Erfahrungen erkenne ich einerseits Unterschiede und andererseits Gemeinsamkeiten zwischen der körperlichen Erfahrung innerhalb der Struktur und der Vermittlung durch das Visuelle.
Die körperliche Erfahrung war zu Beginn meist anstrengend, da man sich entgegen der Schwerkraft entlang der vertikalen Wand hochbewegte und dies sehr viel Finger- und Armkraft erforderte. Oft halfen auch die Kniekehlen beim Klettern mit und waren einem Druck und einer Reibung über das Gewicht am Material ausgesetzt, der unangenehm und schmerzhaft werden konnte. Es war den meisten Beteiligten aber immer ein Bedürfnis, Ruhepositionen zu finden, die über die Einwirkung der Erdanziehungskraft um so intensiver auf den Körper wirkten, da ein Loslassen von Anspannung durch die Schwere – besonders in Umkehrhaltungen - leichter möglich war.
Sobald sich das eigenen Körpergewicht gut verteilt hat, war es sehr angenehm getragen und umhüllt zu werden. Beim Herausgehen konnte man sich dem Zug zum Boden wieder endgültig hingeben.
Im weiteren Spiel mit den Perspektiven, erkannte ich weitere Unterschiede der Wahrnehmung der Gestik und wie Bilder gelesen werden können.
Da ich wenige Gesichtsausdrücke fotografierte, erkennt man nur schwer am Fotos, wann eine Position außerordentlich anstrengend oder unangenehm war. Um einen besseren Blick auf die Details zu werfen, suchte ich die unterschiedlichen Hand- und Fußpositionen heraus und erkannte, dass sie sich hauptsächlich im Grad ihrer Verantwortung unterschieden.
Die Bildtafeln zeigen den unterschiedlichen Grad der Verantwortung, der Entspannung und des Kraftaufwandes, der in dem Moment aufgebracht wurde.
03/2020, Wien
Kamera & Konzept: Daniela Staudinger
Models: Jyoti Zeilinger, Lisa Alexandra Pichler